Linke Liste an der HUB - LiLi

Noch lange kein Altes Eisen! Ratgeber zum Verlängern von Magister und Diplom

März 24, 2014
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An alle Diplom- und Magisterstudierenden – Jetzt Verlängerungsanträge stellen.

Von der Linken Liste der HU

Im folgenden Text geht es um die auslaufenden Magister- und Diplomstudiengänge und wie es möglich ist, sein Studium doch noch abzuschließen, ohne in den Bachelor wechseln zu müssen. Die Informationen sind zwar auf die HU zugeschnitten, jedoch lassen sie sich, gerade was das Vorgehen angeht, in der Regel auch auf die anderen Hochschulen übertragen. Da die anderen Hochschulen mit den auslaufenden Studiengängen „entspannter“ umgehen, ist das Problem derzeit jedoch nur an der HU akut. Grund für einen längeren Text sind die wenigen, manchmal irreführenden oder gar falschen Informationen, die derzeit kursieren. Fakt ist, es besteht auch nach dem 31.03.2014 die Möglichkeit, das Magisterstudium an der HU abzuschließen. Der vorliegende Text ist rechtlich geprüft und entspricht unserer jahrelangen Beratungspraxis.

Aber vielleicht stellen wir uns erst mal vor, a.k.a. „Werbe-“ bzw. „Infoblock“.
Wir sind die Linke Liste an der HU. Ihr kennt uns vielleicht von anderen Verteilermails, wie unserer Mail zum Thema Studienplatzklage, die auch dieses Jahr im Sommer wieder Eure Postfächer füllen wird. Vielleicht kennt Ihr uns auch von unserem monatlichen Tresen im Bandito Rosso ( 2. Samstag im Monat) oder schlicht und ergreifend vom Wahlzettel zur StuPawahl, die jedes Jahr im Januar stattfindet. Einige unserer Mitglieder treten auch auf der Gremienliste „Offene Linke“ für den Akademischen Senat an.

Die nächste … äh … Wahl zum Konzil und akademischen Senat ist im Juni. *räusper* Nun aber genug der Werbung. 😉

Rechtliche Hintergründe

Derzeit stellt sich die Lage der alten Studiengänge so dar, dass die HU als einzige Berliner Hochschule für viele der Studiengänge den 31.03.2014 als letzten Prüfungstermin bestimmt hat. Das bedeutet im offiziellen Verständnis der HU, dass bis dahin sämtliche Prüfungen abgeschlossen sein müssen, um noch einen Abschluss zu bekommen. Möglich wird diese Regelung durch das Berliner Hochschulgesetz, das 2011 vom damaligen Rot/Roten Senat verabschiedet wurde und trotz eingehender Gesuche von Studierenden an die etwas weniger beschissene Partei dieser Koalition den Passus enthielt, dass die Hochschulen eigenständig den letzten Prüfungstermin festlegen können. Obwohl es keine durch das Gesetz gebotene Eile gibt, hat sich die HU als einzige Hochschule für eine sehr kurze Frist entschieden.

Rechtlich bewegt sie sich damit auf dünnem Eis. Der Anwalt des Referent_innenRates geht davon aus, dass mehrere Fehler im Verwaltungsverfahren zur Einstellung der alten Studiengänge gemacht wurden und die Frist für den Studienabschluss daher deutlich länger sein müsste, als ihn die HU den Studierenden zubilligt. Es erklärt sich von selbst, dass wir diese Verfahrensfehler hier nicht ausführlicher beschreiben können, da wir damit rechnen müssen, dass die HU-Verwaltung diese Mail zu Gesicht bekommt und sie so Verfahrensfehler noch beseitigen bzw. sich auf die rechtliche Auseinandersetzung besser vorbereiten können. Beides liegt selbstverständlich nicht in unserem Interesse.

Politische Hintergründe

Begründet wird die kurze Frist zum Beenden der alten Studiengänge damit, dass diese Student_innen jetzt so lange studiert haben, dass sie genug Zeit hatten das Studium abzuschließen. Dabei ergeben sich lange Studienzeiten vor allem bei Student_innen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, wie sie die studentische Masse besitzt.

„Funfact“
Nach der Sozialerhebung des Studentenwerks [sic!] sind an Hochschulen durchschnittlich 23-25% der eingeschriebenen Student_innen aus nichtakademischen Elternhäusern, was in der (statistischen) Regel auch ein geringeres Einkommen bedeutet.

Folglich benötigen diese Studierenden (statistisch nachweisbar) länger, um das Studium zu beenden, da sie nebenher arbeiten müssen, sofern sie es nicht ganz abbrechen. Dieser Umstand wird noch verstärkt, wenn andere „studienverlängernde“ Faktoren hinzu kommen. Diese sind etwa Kinder, chronische Erkrankungen oder sog. „Behinderungen“. Nicht zu vernachlässigen sind auch rassistische Gründe, welche Menschen z.B. (nicht nur) auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt strukturell benachteiligen und sie somit noch weniger Möglichkeiten haben, neben dem Studium etwas dazu zu verdienen, ganz zu schweigen von Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, welche gar keine Teilhabe am Bildungssystem haben. Folglich werden die jetzt folgenden Zwangsexmatrikulationen vor allem die treffen, die sich ein schnelleres Studieren nicht leisten konnten.

What to do?!

Um das Magister- bzw. Diplomstudium an der HU doch noch beenden zu können, bedarf es eines Härtefallantrages, am besten bis zum 31.03.2014. Dieser sollte mindestens zwei Komponenten haben:

1. Was steht noch an Leistungen aus?

Hier sollte eine Übersicht erstellt werden, welche Leistungen noch fehlen, um einen Abschluss zu machen. Dies beinhaltet sowohl die noch zu besuchenden Lehrveranstaltungen wie auch die noch zu erbringenden Leistungen. Wer bereits eine Lehrveranstaltung besucht hat und „nur“ noch z.B. die Hausarbeit abgeben muss sollte dies auch so vermerken. Außerdem sollte vermerkt werden, wann geplant ist, die noch ausstehenden Leistungen abzulegen. Bitte zeichnet hier ein realistisches Bild. Es nützt nicht, wenn alle Leistungen plus Magisterarbeit in einem Semester abgelegt werden sollen, nur um nach dem Semester festzustellen, dass man sich am gleichen Punkt befindet, wie sechs Monate zuvor. Wie viele Semester man am Ende heraus schlagen kann, hängt von Euren Härtefallgründen ab. Eine Höchstzahl, auch wenn diese vor allem durch Prüfungsämter immer wieder propagiert wird, gibt es rechtlich gesehen nicht. Realistisch sind aber bis zu 4-6 Semester.

2. Was sind mögliche Härtefälle

Als nächstes sollten die Härtefälle genannt werden, welche zu einer Verlängerung des Studiums führen. Diese Gründe sind:

Schwangerschaft und Kindererziehung
Mitarbeit in Gremien der akademischen und studentischen Selbstverwaltung
Lohnarbeit zur Finanzierung des Studiums
Krankheit und chronische Erkrankungen
sog. „Behinderungen“
weitere persönliche oder familiäre Gründe, welche das Studium beeinträchtigen bzw. beeinträchtigt haben
weitere studienverzögernde Gründe, welche der_die Studierende nicht zu verantworten hat (z.B. nicht ausreichendes oder paralleles Lehrangebot)

Die letzten beiden Gründe sind sog. Auffangtatbestände, welche Euch die Chance geben sollen, offiziell nicht bedachte Gründe anzubringen. Die kann z.B. die Pflege eines nichtverwandten Freundes_Freundin oder aber auch das Abhandenkommen Eures Laptops und damit Eurer Aufzeichnungen sein.

Wir empfehlen alle Gründe während der immatrikulierten Zeit aufzuzählen und möglichst alles anzuführen. Solltet Ihr Euch unsicher sein, ob es sich bei Euren Gründen um Härtefälle handelt, schreibt uns einfach (siehe „Wo finde ich Hilfe“ am Ende dieser Mail.)

Der Antrag wird an den jeweiligen Prüfungsausschuss des ersten Hauptfaches adressiert und an den/die Prüfungsausschüsse des Zweitfachs oder der beiden Nebenfächer „zur Kenntnisnahme“ adressiert. Am besten macht Ihr Euch selbst noch eine Kopie.

Eine Prognose, wie die Prüfungsausschüsse damit umgehen, lässt sich sehr schwer abgeben, da immer die jeweiligen Prüfungsausschussvorsitzenden entscheiden.
Schritt für Schritt

1. Zur Beratung kommen. (Siehe „Wo finde ich Hilfe?“)
2. Antrag mit Härtefällen an den Prüfungsausschuss
3. Zurückmelden
Meldet euch auf jeden Fall zurück! Das heißt Ihr müsst die Rückmeldegebühr überweisen. Kontonummer und Betrag findet Ihr auf den Seiten des Studierendenservicezentrums der HU. Die Gebühren müssen bis zum 31.03.2014 auf dem Konto der HU sein. Solltet Ihr das aus irgendwelchen Gründen nicht schaffen, meldet auch beim Referat für Lehre und Studium des Referent_innenRates! (Siehe „Wo finde ich Hilfe“)
4. Nicht in den Bachelor umschreiben. Derzeit lockt die HU Magister- und Diplomstudierende mit der Offerte, doch ganz unproblematisch in den Bachelor zu wechseln. Wer den Magister oder das Diplom beenden will, darf sich nicht umschreiben und, es kann gar nicht oft genug gesagt werden, zur Beratung kommen (Siehe Punkt 1).

Alternativen
Wer sich sicher ist, dass er_sie den Magister- oder Diplomstudiengang definitiv nicht mehr beenden will/kann und die HU durch einem Verbleib in selbigem auch nicht ärgern a.k.a. ein politisches Zeichen setzen will, der_die kann sich ohne Probleme in einen Bachelor des gleichen Faches umschreiben. Dabei können die Leistungen des Magister auf den BA angerechnet werden und man fängt nicht bei Null an. Sollte man genug Leistungen aus dem Hauptstudium des Magister- oder Diplomstudienganges haben, können diese später auch noch auf den Master angerechnet werden. Dieser ist dann in der Regel auch wieder BAFöG-förderungsfähig, sofern die Grundvoraussetzungen hierfür erfüllt werden. Wenn Ihr über 30 und in der Regel unter 35 Jahre alt seid, sogar ohne dass das Einkommen der Eltern angerechnet wird. Wer diesen Weg gehen will sollte sich eiligst mit dem Referat für Lehre und Studium des Referent_innenRates (siehe „Wo finde ich Hilfe?“) in Verbindung setzen.

Wo finde ich Hilfe?

Grundsätzlich gibt es mindestens vier Anlaufstellen, an die Ihr Euch in Berlin wenden könnt und eine in Brandenburg.

1. Linke Liste der HU
Wir haben diesen Text hier geschrieben und kennen uns mit der Problematik aus.
Kontakt: linke-liste@no-log.org

2. Referent_innenRat (gesetzlich AStA) der HU
Das Referat für Lehre und Studium bietet zweimal wöchentlich eine Sprechstunde an. Hier gibt es auch kostenlose Rechtsberatung von einem Anwalt für Hochschul- und Prüfungsrecht, der seit 20 Jahren in diesem Bereich tätig ist.

Kontakt: lust@refrat.hu-berlin.de web: http://www.refrat.de/lust

3. Hochschulberatung AStA TU Berlin
Zwar laufen die Studiengänge hier erst 2016 – 2018 aus, jedoch kann man sich ja nie früh genug informieren.

Kontakt: hochschulberatung@asta.tu-berlin.de web: http://www.asta.tu-berlin.de/service

4. Hochschulberatung AStA FU Berlin
Hier verhält es sich wie an der TU. Obwohl die FU in Sachen Studierendenrepression Vorreiterin in Berlin ist, laufen die Studiengänge in diesem Jahr jedoch noch nicht aus.

Kontakt: hochschule@astafu.de web: http://www.astafu.de/beratungen

In Brandenburg kann die hochschulrechtliche Beratung des AStAs der Uni Potsdam weiterhelfen.

Kontakt: 0331/647 10 12 web: http://www.asta.uni-potsdam.de/service/pruefungsrechtsberatung


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Aktuell: Wahl zum StuPa der HU

Januar 27, 2009
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Am 27. und 28 Januar wählen die Studierenden der Humboldt-Universität ein neues StuPa.

Liste 18: Linke Liste an der HU – LiLi

Allgemeine Informationen des studentischen Wahlvorstands

Auflistung der Wahllokale

Geht wählen! Geht links und unabhängig wählen!


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Linke Liste an der HUB – LiLi

Dezember 14, 2008
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Wir sind eine parteiunabhängige Hochschulgruppe mit vielen Menschen, die in verschiedenen politischen Zusammenhängen leben und arbeiten. Wir halten an einer grundlegenden Gesellschafts- und Wissenschaftskritik fest, wie sie sich durch die gesellschaftlichen Widersprüche immer wieder aufdrängt und richten unsere praktischen Interventionen in den Gremien, auf dem Campus und nicht zuletzt außerhalb der Uni darauf aus.

Durch die vielfältigen Themenschwerpunkte der Listenmitglieder arbeitet die LiLi zu AntiFa-/AntiRa, Migrationspolitik, critical whiteness, Enthinderungspolitik, Sexismus, Anti-Atom, Gender, Feminismus und Medien. Dazu publizieren wir, schaffen und gestalten Freiräume wie das Bandito Rosso mit und sind außerdem im RefRat, in universitären Gremien und den Fachschaften aktiv.

mehr über uns in unserer Selbstdarstellung.


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Was sind Freiräume?

Januar 14, 2008
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Dies ist der Versuch die folgende Diskussion um Freiräume anderen zugänglich zu machen, um sie als Ansatz für weitere Diskussionen nutzen zu können.

Eine erste Schwierigkeit waren die unterschiedlichen Auffassungen, was Frei- oder Schutzräume sind.
Allgemein verstehen wir darunter Räume, in denen beispielsweise sexistisches und rassistisches Verhalten keinen Platz bekommen soll. Das heißt also, Personen werden mit ihrem unerwünschten Verhalten konfrontiert und werden gegebenenfalls rausgeschmissen.

Dies kann als ein Kriterium von Freiraum verstanden werden. Wohingegen ein Schutzraum von vornherein einen Ausschluss bestimmter Leute/Gruppen bedeutet. Ein Beispiel hierfür wäre ein Frauencafé, in dem Männer keinen Zutritt haben. Schwierig an dieser begrifflichen Abgrenzung ist, dass ein Ausschluss auch einen Freiraum ausmachen kann, bzw. die ihn nutzenden Personen den Schutzraum als Freiraum wahrnehmen können.

Eine Diskussion sollte folgende Punkte mit einschließen:

* Die Frage nach welchen Kriterien Freiräume gestaltet werden können, von welchen Verhältnissen sie frei sein sollen und wie fest gelegte Kriterien durchgesetzt werden können.
* Weshalb Freiräume nicht thematisiert werden, weshalb also ein Wissen (oder Nichtwissen) über die Existenz von Freiräumen schon zu einem Ausschlusskriterium wird.
* Innerhalb bereits bestehender Räume bleibt es wichtig sich permanent mit den Freiraumkriterien auseinander zu setzen. Allein durch die stetige Fluktuation von Leuten bleibt es wichtig sich immer wieder mit den Grundsätzen zu beschäftigen und diese nicht als Banalität abzutun.

Diese Diskussionen werden aber oft nicht geführt, da das Thema gerade nicht in die Tagesordnung passt, es als nicht so wichtig erachtet wird oder es ein ums andere Mal verschoben wird.

Wenn sich doch mal damit auseinander gesetzt wird, entstehen weitere Fragen.

Warum werden überhaupt Freiräume geschaffen? So fehlt existierenden Freiräumen oftmals die politische Außenwirkung und sie werden schnell zu gruppeninternen Kuschelräumen und Nischen. Aus denen wird zwar eine Identität gezogen, es fehlt jedoch an der Thematisierung, weshalb eine solche Nische notwendig sein kann. Dabei wäre eine Einbettung in gesellschaftliche Verhältnisse notwendig, die eine Ausgrenzung durch die Gesellschaft sichtbar macht.

In Freiräumen die nicht als Kuschelräume, sondern als offen angelegt sind, beispielsweise ein Café, kommt es zu der Frage, wie ein kontinuierlicher Thematisierungsprozess bezüglich einiger Regeln aussehen muss, um möglichst viele Leute mit einzubinden. Denn es werden Leute in diesem Raum sein, die das vorhandene Konzept nicht kennen.

Dabei entsteht das Problem, dass feststehende Regeln einen weiterführenden Diskussionsprozess unterbinden können, diese aber zu einem gewissen Grad notwendig für einen kontinuierlichen Schutz sind.

Auf der anderen Seite bleibt die Frage, wie einen Prozess in Gang bringen, der eben möglichst viele miteinbezieht, die den Raum nur temporär nutzen.

Ansonsten entsteht die Situation, dass es einige DienstleisterInnen/ RaumgestalterInnen und viele KonsumentInnen gibt.
Wie also dem aus dem Weg gehen? Z.B. durch politische Veranstaltungen, stetige Thematisierung verschiedenster Konflikte, ein Selbstverständnis das nach außen getragen wird und durch entsprechendes Verhalten der GestalterInnen. Es muss eine ständige Weiterentwicklung forciert werden, eine Außenwirkung sollte entstehen. Durch diese sollte es auch möglich sein, dass Leute, die den Raum nicht gestalten, ihn trotzdem als schützenden Raum wahrnehmen können.

Wenn es nicht möglich ist einen geschützten Raum zu öffnen, dann besteht die Gefahr, dass dieser sich zu einem geschlossenen Raum entwickelt. Wenn er aber offen sein soll für alle, wie werden dann die eigenen Ansprüche nach außen getragen oder im Raum mit eingebracht?

Wird der Blick auf verschiedene Räume gerichtet, die einen bestimmten Anspruch haben/hatten, so scheint es oftmals schief gegangen zu sein. Die eigenen Ansprüche haben keinen Bestand mehr, oder die Offenheit des Raumes war nicht haltbar. Stetige Diskussionspunkte werden bleiben. So stellen sich immer wieder die Fragen:

Welche Kriterien machen Sinn?
* Wie sind/wären sie umzusetzen ?
* Sind geschützte Räume überhaupt sinnvoll, haltbar?
* Für wen sind sie sinnvoll?
* Für wen ist es möglich sie zu gestalten?
* Was wird damit gemacht oder erreicht ?


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Zugang zu Hochschulen

Dezember 14, 2007
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Hochschulen bedeuten grundsätzlich auch einen Zugang zur Gesellschaft. Genau wie Bildung im Allgemeinen ermöglicht die Partizipation am Bildungssystem die Entscheidung, sich einen Platz in der Gesellschaft zu suchen oder die gesellschaftlichen Verhältnisse zu bekämpfen. Auf jeden Fall wird es einfacher, gesellschaftliche Mechanismen zu durchschauen. Menschen, die vom Zugang zu als allgemeingültig anerkanntem Wissen ausgeschlossen werden, werden die Folgen spüren. Sich über eine Neuentwicklung von Bildung Gedanken zu machen, ist Privileg der Partizipierenden. Je länger und tiefgehender die Möglichkeit besteht, sich über Bildung mit Gesellschaft auseinander zu setzen, umso größer werden die individuellen Entscheidungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt durch die dabei angesammelten Qualifikationen.

Es ist unmöglich am deutschen Bildungssystem teilzuhaben, wenn nicht einmal die deutsche Grenze überschritten werden darf. Die Vorteile eines deutschen Hochschulbesuchs, zum Beispiel für die eigene Karriereplanung, ist somit weit gehend deutschen StaatsbürgerInnen vorbehalten. Ein ungeklärter Aufenthaltsstatus führt nicht an die Universität. Da eine Zugangsvoraussetzung das Beherrschen der deutschen Sprache ist, wird auch hier selektiert. Es muss bereits die deutsche Sprache beherrscht werden, kostenpflichtige Deutschkurse müssen dennoch besucht werden, Seminare und Vorlesungen werden nur auf Deutsch gehalten.

Innerhalb des Bildungssystems sind vorerst alle ausgeschlossen, die nicht ihr Abitur gemacht haben oder dieses schlecht absolviert haben. In einem dreigliedrigen Schulsystem kann das bedeuten, dass in der 4. oder 6. Klasse entschieden wird, ob eine Person studieren darf oder nicht. Die Ausschlusskriterien der Hochschule funktionieren aber auch subtiler. Die formelle Möglichkeit zu haben, bedeutet noch nicht tatsächlich studieren zu können. Wer sich die Immatrikulations- oder Semesterticketgebühren nicht leisten kann, wird nicht an der Hochschule landen.

Sind Studierende nicht in ihrer Stadt an die Hochschule gekommen und bewerben sich über die ZVS (für viele eine gute Chance, die jetzt jedoch auch abgeschafft werden soll), müssen sie in der Stadt studieren, in welcher sie angenommen wurden. Liegt für diese Personen eine Ortsbindung vor, geht das nicht. Haben sich zum Beispiel Eltern eine Infrastruktur aufgebaut, mit welcher es möglich ist, neben Erziehungsverpflichtungen auch arbeiten oder studieren zu gehen, können sie nicht einfach die Stadt wechseln. Wenn das Kind Verwandte und Kindergarten in Hamburg hat, wird es nicht so einfach sein, nach Tübingen umzuziehen und die Infrastruktur mitzunehmen. Dasselbe gilt für Menschen, die nebenher arbeiten müssen und in der neuen Stadt nicht gleich eine neue Arbeit finden.

Als sogenannter behinderter Mensch wird es ebenfalls schwer, sich einen Hochschulplatz zu ergattern. Durch Ausgrenzung werden die Betroffenen bereits so früh aus dem Bildungszugang ausgeschlossen, dass eine Hochschulbewerbung überflüssig ist. Haben dennoch einige sich durch diese Hürden gekämpft, müssen sie sich eine Universität suchen, die wenigstens annähernd genug Enthinderungsmaßnahmen vorgenommen hat. Die Auswahl hat sich an der Stelle entweder erübrigt oder ist sehr klein.
Muss eine Person einen Bachelor-Studiengang annehmen, ist es in den meisten Fällen nahezu unmöglich nebenbei zu arbeiten. StudentInnen, die darauf angewiesen sind, werden demnach keine StudentInnen werden oder bleiben. Das selbe Problem haben StudentInnen, die viele Praktika absolvieren müssen.

Studiengebühren stehen in einer langen Kette von Ausschlusskriterien recht weit hinten. Die meisten Menschen kommen nicht an den Punkt sich zu fragen, ob sie sich diese leisten können, sie dürfen ohnehin nicht studieren. Viele von denen, die es an die Hochschule geschafft haben, können sich dann auch noch Studiengebühren leisten, die Selektion hat bereits viel früher funktioniert.

Sich gegen Studiengebühren auszusprechen ist demnach wichtig und richtig, doch bei weitem nicht genug, wenn die Hochschule zugänglicher werden soll. Wenn Menschen jedoch eine Chance haben sollen, sich kritisch mit ihrer Umwelt auseinander zusetzen, brauchen sie die ökonomischen Bedingungen und Zugang zu momentanen gesellschaftlichen Grundlagen, nicht zuletzt also Wissen. Denn zu wissen, was derzeit als Wissen gehandelt wird, eröffnet Entscheidungsmöglichkeiten. Dieser Anspruch an Hochschulen ist jedoch schwer zu finden. Die meisten StudentInnen versuchen ihre Karrierechancen zu verbessern und sich den Weg dorthin so gemütlich wie möglich zu machen. Deswegen stört es sie nicht zum Beispiel 150 Euro für ein Semesterticket zu bezahlen, ob es nun alle können oder nicht. Aus diesem Grund interessiert es sie auch nicht, dass sie nahezu die einzige Statusgruppe mit derartigen Privilegien sind.

Wenn der Anspruch einer offenen Universität besteht, müssen wir gesamtgesellschaftliche Veränderungen erzwingen, von wo auch immer. Fangen wir doch bei der Uni an. Die Universität ist kein herrschaftsfreier Raum, aber noch in mancher Hinsicht ein Freiraum. Bauen wir ihn aus und nutzen ihn!


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